Von fairen Preisen und schwierigen Entscheidungen
Es ist noch gar nicht so lange her, da hätte ich wahrscheinlich ungläubig geschaut, wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich einmal hauptberuflich als Schnittdesignerin arbeiten und Schnittmuster und Nähanleitungen anfertigen und online verkaufen werde.
In den letzten Jahren ist hier aber so viel passiert: Die Begeisterung fürs Nähen und Schnitterstellen hat mich immer mehr gepackt und meine ersten Freebooks und Ebooks sind entstanden. Hier haben sich immer mehr liebe Follower und Fans versammelt und aus dem anfänglichen Nebenerwerb ist mittlerweile ein Haupterwerb geworden, in den ich jede Woche viele Stunden Arbeit und Herzblut investiere – und der mir ausgesprochen viel Freude macht.
Aber auch wenn mir die Arbeit unheimlich viel Freude macht, muss ich damit natürlich Geld verdienen um unsere kleine Familie zu ernähren.
Und dafür müssen die Ebooks eben auch einen bestimmten Preis haben. Der Preis variiert bei meinen Ebooks je nach Aufwand (ca. 200 – 400 Arbeitsstunden) zwischen 3,90 € und 6,90 €. Die meisten meiner Ebooks kosten 5,90 €. Wenn man Kombi-Ebooks kauft, bekommt man schon einen wirklich satten Rabatt und spart einige Euro im Vergleich zum Einzelkauf. Die meisten meiner Ebooks haben zahlreiche Varianten, umfassen sehr viele Einzelgrößen, und ob Freebook oder Ebook, es gibt immer eine wirklich ausführliche Anleitung dazu; nicht selten ist die Anleitung länger als 100 Seiten mit langem Einführungsteil, ergänzt mit tollen Designbeispielen meiner Probenäher und zahlreichen Tipps.
Nun habe ich grundsätzlich überhaupt nichts dagegen, meine Ebooks auch mal mit Rabatt anzubieten, ganz im Gegenteil. Gerne biete ich gelegentlich meine Ebooks mit großzügigem Rabatt, und auch sehr gerne zeitlich begrenzt für 2 € oder sogar für 24 Stunden als Freebook an – wie kürzlich das Kombi-Ebook Pinia+ Pinio. Ich freue mich, wenn ihr euch über die günstigen Rabatt-Preise freut und euch Ebooks kaufen könnt, die ihr euch sonst vielleicht nicht hättet leisten können. Und an groß angelegten Rabattaktionen, wie der 2-€-Aktion verdienen wir Designer natürlich kurzfristig gesehen auch ganz gut, das möchte ich gar nicht abstreiten.
Trotzdem gibt es da ein Problem mit den Rabatten – und ganz speziell mit der 2-€-Aktion von Makerist: Und dieses Problem ist die Häufigkeit. Mittlerweile gibt es regelmäßig vier Mal im Jahr eine 2-€-Aktion, der Zeitpunkt lässt sich normalerweise recht gut vorhersehen. Dazu kommen dann noch die 50 %-Rabatt-Aktionen, die zwischendurch hier und da noch eingestreut werden, um die Wartezeit von Aktion zu Aktion zu überbrücken.
Und je häufiger die Aktionen stattfinden, umso mehr entsteht der Eindruck, dass Ebooks mit liebevoll gestalteter und ausführlicher bebilderter Nähanleitung, mit Schnittmuster zum Selberausdrucken und evtl. noch zusätzlicher A0-Plotdatei, tatsächlich auch nur 2 € wert sind.
Diese Entwicklung kann ich einfach nicht weiter mittragen. Ausführliche Ebooks mit über 100 Seiten Anleitung und zahlreichen Schnittteilen sind, wie ich finde, deutlich mehr wert als 2 €, und wenn der »gefühlte« Normalpreis eines Ebooks auf 2 Euro sinkt, dann kann wahrscheinlich kaum ein »Indie-Schnittersteller« mehr überleben.
Und genau aus diesem Grund habe ich mich nun dazu entschlossen, dieses Jahr an keiner weiteren 2-€-Aktion teilzunehmen (und bei gleichbleibender Häufigkeit der Aktionen auch in den kommenden Jahren nicht mehr).
Und warum kommt die Entscheidung gerade jetzt?
Dieses Jahr wurden wir Schnittersteller und Designer von schlechten Nachrichten und Hindernissen nicht verschont. Die DSGVO, deren Umsetzung uns viele Stunden Arbeit gekostet hat, dann die Nachricht, dass Dawanda schließt – der Umzug zu anderen Plattformen, der ebenfalls wieder viel Zeit verschlungen hat, und nun dachte man gerade, dass sich alles wieder etwas beruhigt hat – und dann kommt die nächste schlechte Nachricht: Makerist erhöht ab November die Provision – und zwar nicht nur ein kleines bisschen, sondern ganz erheblich. An jedem über Makerist verkauften Normalpreis-Ebook verdiene ich ab November also ca. 1 – 2 € weniger als bisher (je nach Ebook-Preis schwankt der Betrag natürlich). Das war schon ein kleiner Schock.
Doch manchmal haben schlechte Nachrichten eben auch positive Entwicklungen zur Folge und genau diese positive Entwicklung ist jetzt gerade in vollem Gange.
Über 130 Schnittersteller haben sich schon zusammengetan und gemeinsam kämpfen wir nun für faire Preise. Wir alle schätzen Makerist als Plattform. Makerist nimmt uns viel Arbeit ab und auch die meisten Kunden mögen Makerist. Trotzdem möchten wir Makerist gerne davon überzeugen, dass ihr – unsere Kunden – auch bereit seid, unsere Anleitungen zu fairen Preisen zu kaufen. Denn gerade nach der Preiserhöhung ist das für uns umso wichtiger. Bei 2 € bliebe jetzt nach neuem Modell erst recht nicht mehr viel übrig (denn neben der Provision gehen ja auch noch Umsatzsteuer, Paymentgebühren, Lohnsteuer etc. davon ab).
Und so haben wir uns gemeinsam dazu durchgerungen, an der nächsten 2-Euro-Aktion nicht teilzunehmen. Und da man ja bekanntlich gemeinsam stärker ist, habe ich mich nun eben auch zum ersten Mal getraut, diese Entscheidung zu fällen.
Diese Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen, das könnt ihr mir glauben. Auch jetzt frage ich mich manchmal noch, ob es die richtige Entscheidung war. Natürlich wird es auch weiterhin kleinere Rabatt-Aktionen geben, sodass sich auch diejenigen von euch, die sich Ebooks zu Normalpreisen nicht leisten können, das ein oder andere Ebook dann während solch einer Aktion erwerben können – aber es ist erstmal Schluss mit solchen riesigen Rabatten wie bei 2-Euro-Aktionen.
Darüberhinaus plane ich für die nahe Zukunft einen eigenen Firlefanz-Onlineshop zu erstellen. Natürlich wird es auch weiterhin meine Ebooks bei Makerist, Dohero und anderen Plattformen geben, aber zusätzlich eben im eigenen Shop.
Was ich mich daher frage: Hättet ihr überhaupt Lust, bei mir direkt einzukaufen? Oder sind euch große Plattformen lieber? Was ist euch wichtig beim Ebook-Kauf? Kauft ihr Ebooks grundsätzlich nur mit Rabatt oder auch mal zum Normalpreis? Kauft ihr Ebooks »auf Vorrat« oder erst in dem Moment, in dem ihr das Ebook braucht? Oder näht ihr vielleicht am liebsten nach Freebooks?
So oder so hoffe ich, dass ihr meine Entscheidung nachvollziehen könnt. Ich würde mich riesig freuen, wenn ihr uns bei unserer Aktion für faire Preise unterstützen würdet und weiterhin unsere Ebooks kauft – zu einem fairen Preis, damit die Nähwelt so bunt und vielfältig bleiben kann, wie sie es im Augenblick ist.
Eure
Kristina
7 Kommentare
Aber verständlich, dass es irgendwann zuviel wird. Ich bin selbst oft überrascht, dass es schon wieder eine 2 €-Aktion gibt (genau wie ich mich bei den großen amerikanischen Marken wundere, wie oft da extrem rabattiert wird), obwohl die letzte noch nicht lange her ist.
Ich kaufe am liebsten bei Makerist, weil ich da eine Übersicht habe, z.B. einen einzigen Ordner und Wunschliste und nicht auf zig Homepages verteilt. Außerdem mag ich es, dass ich dort Kundenfotos finde – leider kann man ja nur welche hochladen, wenn man den Schnitt selbst dort gekauft hat. Es stimmt schon, am besten wäre es für den Anbieter, wenn man direkt in dessen Shop kauft, aber für Kunden ist das halt unpraktischer (allein schon, all die vielen Accounts anzulegen – ich mag halt die Abwechslung und nutze viele verschiedene Schnittmuster diverser Hersteller).
Natürlich freue ich mich über ein 2€-Ebook. Aber ich finde selbst den normlen Preis von 6€ oder so immer noch sehr wenig. Ich überlege oft, was ich im Laden für so ein Teil bezahlen würde, wie oft ich es jetzt dank des Ebooks nähen kann und außerdem: Unsere Stoffe sind auch nicht gerade billig, da kann man für das Ebook auch ruhig einen vernünftigen Preis bezahlen.
Die Kaufschwelle ist bei 2€ deutlich niedriger, ja, aber damit habe ich auch schon einige Fehlkäufe gemacht. Es ist eigentlich besser, wenn ich mich vorher genauer informiere und dann einfach das richtige kaufe!
Was ich allerdings nicht so leiden kann, ist, wenn ein Ebook in drei geteilt wird mithilfe der Größen (also bis 92 und dann wieder bis 152 oder so was). Da fühl ich mich zur Kasse gebeten.
Ich bevorzuge Plattformen, denn da hab ich meine Datenbank, da kann ich Schnittmuster von verschiedenen Anbietern besser vergleichen etc. blabla. Und ich finde die einzelnen Anbieter im Netz nicht immer.
Fazit: Mach ruhig faire Preise und bitte bleib auf einer Plattform. Danke!
@Martina Hadaller Danke für dein Feedback! Ja, Freebooks sind immer gut. Zu mir haben auch wirklich sehr viele Kunden über den Puppenjumper gefunden.
Und was den Geldbeutel angeht – Rabattaktionen wird es natürloch trotzdem weiterhin geben, nur eben nicht alle drei Monate alle Ebooks für zwei Euro (auch wenn ich nie alle Ebooks für zwei Euro angeboten habe, so doch die meisten).
LG
Kristina
@Anonym Hallo Eva, du hast vollkommen recht, dass man durch die Aktionen neue Kunden gewinnen kann und auch während der Aktionen gut verdienen kann. Daher habe ich mich auch nicht leicht getan mit der Entscheidung. Die Tendenz geht allerdings dahin, dass immer mehr Leute ausschließlich bei den Aktionen kaufen, da diese einfach viel zu häufig stattfinden. Somit werden eben auch immer weniger Ebooks zum Normalpreis (oder während kleinerer Rabatt-Aktionen) gekauft. Es entsteht tatsächlich auch eine Erwartungshaltung, dass es alle drei Monate alle Ebooks für zwei Euro gibt. Und diesen Trend möchte ich einfach nicht weiter unterstützen. LG Kristina