Windelfrei in Teilzeit
Heute geht es hier mal nicht nur ums Nähen. Aber ich finde das Thema so spannend, dass ich euch dazu ein bisschen was erzählen muss ...
Windelfrei – ich weiß gar nicht mehr so genau, wann ich davon erfahren habe, aber schon nachdem ich den ersten Artikel darüber gelesen hatte, war mir klar: Das will ich bei unserem zweiten Kind auch probieren. Und auch mein Mann fand die Idee prima.
Kennt ihr »Windelfrei«? Der Begriff ist eigentlich etwas irreführend, denn viele Kinder, die windelfrei aufwachsen, tragen trotzdem Windeln. Nur wenige Eltern sind so mutig, dass sie von Anfang an die Kinder immer ganz ohne Windel lassen. Ursprünglich wollte ich es zwar tatsächlich ganz mutig ohne Windeln probieren, aber je näher die Geburt rückte, umso sicherer war ich mir, es doch erst einmal mit Back-Up in Form von Windeln anzugehen und ich bin jetzt auch froh über diese Entscheidung, da es so wirklich schön stressfrei ist.
Der englische Begriff elimination communication (Ausscheidungskommunikation) sagt auch eigentlich mehr, worum es geht – nämlich darum, die Anzeichen der Babys, wann sie müssen, wahrzunehmen, und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich frei ohne Windel am Po über Töpfchen oder Toilette zu erleichtern. Denn so richtig angenehm kann es ja eigentlich nicht sein, wenn man sein Geschäft in eine Windel hinein erledigen muss und dann alles am Popo klebt.
Seitdem ich mich damit beschäftige, finde ich es auch eigentlich komisch, dass man es (hier bei uns) für so wahnsinnig selbstverständlich ansieht, Babys grundsätzlich in die Windel machen zu lassen (in vielen anderen Ländern und Kulturen ist es ja umgekehrt ganz selbstverständlich, dass Babys keine Windeln tragen).
Unsere Tochter hat auch wirklich lange Zeit Windeln getragen. Das fand ich auch absolut normal und ok. Gerade dadurch, dass das früher übliche »Töpfchentraining« ja zu Recht in Verruf geraten ist, habe ich überhaupt nicht daran gedacht, dass kleine Babys schon ganz ohne Zwang und Druck ins Töpfchen oder Klo machen können und sogar wollen. Ich war eher stolz darauf, dass ich es meiner Tochter ermögliche, dass sie, so lange wie sie möchte, in die Windel machen darf.
Und nun erscheint es mir so logisch, dass Babys merken, wann sie müssen und dies entweder zeigen oder ganz selbstverständlich dann machen, wenn sie die Möglichkeit angeboten bekommen, das ohne Windel zu tun.
Noch während der Schwangerschaft habe ich mir also Videos zum Thema Abhalten und Windelfrei angeschaut, habe viele Artikel, Blogposts und Erfahrungsberichte über Windelfrei gelesen, bin einer Facebookgruppe rund ums Thema beigetreten und habe mir auch schon Abhaltetöpfchen und ein Schnittmuster für eine Abhaltewindel besorgt. Nur zum Nähen der Abhaltewindeln war ich dann vor der Entbindung nicht mehr gekommen ...
Als der Kleine dann 6 Tage alt war, haben wir auch wirklich mit dem Abhalten losgelegt. Vorher im KH hatte ich schon beobachtet, wann er immer muss, was vor allem während des Stillens und direkt nach dem Schlafen war.
Und so praktizieren wir nun seit gut sechs Wochen Teilzeit-Windelfrei. Nachts halten wir bisher nicht ab, um zunächst einmal selber genügend Schlaf zu bekommen – und tagsüber wird ganz ohne Stress nach dem Schlafen und vor allem während des Stillens abgehalten und zusätzlich auch mal dann, wenn wir vermuten, dass der Kleine mal muss. Öfters darf er auch mal unten ohne strampeln.
Es klappt tatsächlich ziemlich gut und macht echt Spaß – vor allem, wenn viel ins Töpfchen und wenig in die Windel geht. Natürlich gibt es immer mal Tage, an denen es besser klappt, und Tage, an denen man öfter zu spät dran ist und man dann doch einen höheren Windelverbrauch hat, als einem lieb ist. Im Anfang fand ich auch das Handling nicht ganz so einfach, beim Stillen abzuhalten und gleichzeitig darauf zu achten, dass ordentlich getrunken wird und dass alles ins Töpfchen und nicht daneben geht. Wenn der Kleine dann noch gerade zappelig ist, kann das schon mal sehr herausfordernd sein – es klappt aber mittlerweile deutlich besser, auch wenn es immer mal wieder kleine Unfälle und Pannen gibt ...
Deutliche Anzeichen gibt unser Kleiner auch eher selten (zumindest bemerken wir sie selten), aber wir hatten schnell gewisse Regelmäßigkeiten raus. Hier ist eben nach wie vor während des Stillens ein guter Zeitpunkt fürs Abhalten und direkt nach dem Schlafen klappt es auch oft ganz gut.
Mittlerweile hat der Babyjunge auch raus, dass es Sinn macht, erst zu pieseln, wenn das Töpfchen in Position gebracht ist oder er sich in guter Position über dem Klo befindet. Ich finde es echt erstaunlich, wie ein so kleines Wesen das schon merken kann.
Um nun für das ein oder andere verpasste Pipi nicht jedes mal eine komplette Wegwerfwindel verbrauchen zu müssen, habe ich jetzt endlich die erste Abhaltewindel und einen ganzen Schwung Prefolds genäht.
Denn als positiven Nebeneffekt des Abhaltens sehe ich eindeutig den geringeren Windel- und Müllverbrauch. Und das ist jetzt mit Abhaltewindeln natürlich noch viel besser.
Genäht habe ich also eine Minimalfluff von fluff store (im fluff store gibt's übrigens jede Menge Schnittmuster für Windelfrei). Als Material habe ich PUL von Tigerlily gewählt.
Die Abhaltewindel in Gr. M ist noch einen Ticken zu groß. Er hat auch noch nicht ganz das angegebene Minimalgewicht für die Größe M, ich wollte jetzt aber nicht mehr die Newborngröße nähen, da die wohl schnell zu klein gewesen wäre. So läuft ab und zu nochmal ein bisschen Pipi raus. Aber ich denke, das Problem sollte sich bei der aktuellen Wachstumsgeschwindigkeit des Kleinen in spätestens zwei Wochen erledigt haben ...
Zum Einfassen der Windel habe ich (anders als im Ebook empfohlen) PUL statt Falzgummi verwendet. Ich hatte nämlich kein passendes Falzgummi mehr da und wollte nicht extra noch mal welches kaufen müssen. Auf jeden Fall hat es mit PUL auch gut geklappt und ich finde auch, dass es recht schick aussieht so einheitlich.
Insgesamt bin ich auch sehr glücklich mit dieser ersten Abhaltewindel, die seit vorgestern im Gebrauch ist und habe nun schon mit der zweiten begonnen.
Die zweite habe ich aus Wollstoff zugeschnitten. Mal sehen, was ich nachher besser finde – Wolle oder PUL. Ich bin eh noch vollkommener Stoffwindel-Neuling und muss da erst mal Erfahrungen sammeln.
Die Prefolds habe ich aus einem alten Biber-Bettlaken in verschiedenen Stärken genäht – als Vorlage genutzt habe ich dafür das Freebook von fluff store.
Bei den dicksten Prefolds sind im gefalteten Zustand 8 Stofflagen übereinander, die mittleren sind 6-lagig und die dünnsten sind 4-lagig und müssen gar nicht mehr gefaltet werden, sind also eher nur Einlagen.
Ich wollte mal testen, welche Stärken am ehesten Sinn machen. Bisher habe ich das Gefühl, das wir doch meist die 8 Lagen Stoff brauchen, damit es nicht ausläuft.
Das Prinzip der Abhaltewindel funktioniert so, dass man die Windel beim Abhalten umlassen kann und nur die »Wanne« vorne abknöpft und ggf. das Prefold wechselt. Das geht schön schnell und man muss nicht jedes Mal die Windel komplett ausziehen.
Damit die Windel schön lange passt, gibt es oben eigentlich zwei Reihen Druckknöpfe, aber mir waren die grünen Snaps ausgegangen, da muss ich dann nochmal welche nachkaufen. Aktuell passt ja eh erstmal die kleinere Einstellung.
Und ich bin nun gespannt, wie es hier weitergeht mit Windelfrei. Eine Herausforderung wird es sicherlich sein, wenn wir mehr Unternehmungen machen. Wobei im Sommer dann sicherlich auch einiges wieder einfacher wird.
Ich bin auf jeden Fall selber ganz neugierig, wie es sich so entwickelt.
Habt ihr auch Erfahrungen mit Windelfrei gemacht?
Ich würde mich sehr freuen, eure Meinungen zu dem Thema zu hören, und ich kann jedem, der Lust auf Windelfrei hat, empfehlen, es einfach mal auszuprobieren!
Eure Kristina
- Schnittmuster: Minimalfluff von fluff store, Freebook Prefold von fluff store
- Stoff: PUL von Tigerlilly, Upcycling Biberbettwäsche
- Verlinkt bei: Kiddikram, Freebooks, Creadienstag, HOT, Upcycling-Love
4 Kommentare
Liebe Kristina
Habe bei meinem zweiten Kind Windelfrei gemacht und sie ist jetzt zwei Jahre und trocken. Mit 16 Monaten setzte ich sie auf einen WC-Aufsatz und ab da sagte sie zuverlässig selber an, wann sie ihr grosses Geschäft erledigen muss (sie ist sehr klein und vorher war der Aufsatz einfach nichts für sie). Leider hatte ich nicht die Musse solche Windeln zu nähen, aber ich weiss, dass ich das später, wenn ich mehr Zeit zum Nähen habe, für andere machen werde, um so der Umwelt was gutes zu tun. Ich bin jedenfalls immer sehr dankbar, wenn andere Menschen aus der Flut von Informationen schon brauchbare Schnittmuster und Erfahrungen zusammentragen ;-) Danke also dafür!
Was mir geholfen hat, war, zu wissen, dass man sich über jedes Pipi freuen darf, dass ins WC geht (anfangs in den Waschtisch :-D ich hatte nämlich kein Töpfchen) und nicht nervös werden, wenns mal ein paar Tage nicht mehr klappt, das merkt nämlich auch das Kind.
Danke dir für das tolle T-shirt-Freebook! Da ich jetzt keine Bodys mehr brauche für die Kleine, bekommt sie jetzt Immergrün-Shirts :-)
Liebe Grüsse
Ich sehe erst jetzt deinen Beitrag hier. “Windelfrei” habe ich auch bei meinen beiden Mädels gemacht, die beide mit 1 Jahr nahezu trocken waren (und mit 2 ohne Windeln in den Kindergarten sind) – hat man erst mal damit angefangen, kann man es wirklich absolut nicht mehr verstehen, Babys und Kleinkinder in ihren Ausscheidungen sitzen zu lassen… Ich habe mir wie du aber auch keinen Stress damit gemacht, und finde es nur im Nachhinein schade, dass ich damals noch keine Abhaltewindeln genäht habe. Dafür krabbelten/liefen die beiden oft daheim wie kleine Sumoringer rum ;-) LG
Corina (Stichkomplott)
Liebe Kristina,
finde ich super, daß ihr das macht! Ich selber habe alle drei auch schon recht früh abgehalten, vor allem beim Wickeln und mir so die eine oder andere Stoffwindelwäsche erspart. Meine Freundin hat es sehr viel konsequenter als ich durchgezogen und im Windelleben nur zwei oder drei Kack-Windeln ihrer Kinder wechseln müssen; alles andere ging ins Klo (Pipi ging öfters daneben :-) ). Ich habe auch die Erfahrung gemacht, daß die Kinder früher überhaupt keine Windeln mehr brauchen und mit zwei Jahren schon trocken/sauber sind, weil sie es ja schon immer kennen. Viel Erfolg euch bei eurem Weg! Lg Lea.
Liebe Kristina,
das Höschen sieht ganz bezaubernd aus. Mit Interesse habe ich deinen Bericht über das “Windelfrei-Sein” gelesen und ziehe meinen Hut vor dieser Aufgabe. Ich hätte mir das damals, als der Junior ganz klein war, nicht zugetraut, finde den Schritt aber klasse.
Viele Grüße
Anni